Sonntag, 27. November 2011

Just a Walk!!!


Der 19. November war so ein traumhaft schöner Tag, dass ich mich mit Stavros, einem meiner griechischen Freunde, entschied, einen Spaziergang um die Akropolis zu unternehmen. Sonne pur, 17 °C – es hätte kaum besser sein können.

An der Metrostation in Thissio haben wir uns getroffen und sind dort zunächst über den Straßenmarkt geschlendert. Dann ging es weiter über die Hauptflaniermeile, immer die Akropolis im Blickfeld. Stavros wollte mich auf einen kleinen Berg führen und ich dachte zunächst, er meint den Areopag mit seinen glatt geschliffenen Felsen. Den kannte ich bereits und ich wusste nicht, dass es noch einen versteckteren Hügel gab, der nicht so überlaufen ist. Er führte mich auf den Filopáppos-Hügel. Der 147 Meter hohe Hügel bildet zusammen mit dem Pnyx- und dem Nymphen-Hügel eine grüne Kiefernkette, die sich im Südwesten der Akropolis hoch über das unendlich erscheinende Häusermeer erhebt.

Auf dem Gipfel befindet sich außerdem das Grabmahl des Filopáppos. Der südanatolische Fürst Filopáppos war von den Römern nach Athen verbannt worden, wo er 116 n. Chr. starb. Als Dank für seine Stiftungen räumten ihm die Athener einen bevorzugten Platz  für sein aufwändiges Grab ein – eine besonders hohe Auszeichnung. In den Parkanlagen unterhalb des Hügels steht die kleine rekonstruierte Kirche Ágios Dimítrios Lombardiáris (9. Jh.). Der Beiname kommt von der Kanone Lombardiáris, mit der Yussuf Aga 1656 die Kirche von den Propyläen auf der Akropolis aus zerstören wollte. Die Kanone explodierte jedoch und tötete Aga und seine Leute.


An der anderen Straßenseite beginnt ein Fußweg, an dem drei höhlenartige Eingänge, landläufig bezeichnet als „Kerker des Sokrates“, liegen. Heute weiß man, dass Sokrates wahrscheinlich in einem als Gefängnis identifizierten Bau auf dem Gelände der Agorá einsaß, bevor er den berühmten Schierlingsbecher leerte.

Nach diesen traumhaften Blicken ging es wieder nach unten und mit dem Untergehen der Sonne wurde es dann auch recht schnell kühl, sodass wir dann den Heimweg antraten. 


Montag, 21. November 2011

Über den Dächern Athens

Habt ihr euch schon lange gefragt, wie der Felix eigentlich so weit weg von seiner Heimat wohnt? Dann bekommt ihr jetzt endlich eine Antwort und ein paar Bilder.

Die Wohnung wurde vom Housing Team meiner Universität vermittelt. Platz haben wir für 6 Leute mit einem Doppelzimmer und vier Einzelzimmern. Momentan sind wir allerdings nur zu fünft, was aber ausreicht. Zunächst wurde mir das kleinste Einzelzimmer zugewiesen, womit ich anfangs recht zufrieden war, jedoch nur bis zu dem Zeitpunkt, als ich die anderen Zimmer sah. Diese waren größer, bedeutend besser ausgestattet und zudem noch genauso teuer. Daraufhin wollte ich das Zimmer wechseln, nachdem eines der größeren frei wurde, aber meine Vermieterin stellte sich quer und vertröstete mich immer wieder auf die nächste Woche und dass sie erst einmal abwarten müsse, ob eventuell jemand anderes das Zimmer nimmt. Ein weiteres Problem mit der Vermieterin war die Tatsache, dass wir einer ihrer Mitarbeiterinnen das Geld immer bar geben sollte, ohne dass wir überhaupt eine Quittung dafür erhielten. Auch für griechische Verhältnisse stellt das nicht die Norm dar. Und das Lustigste an dem gesamten Umstand: Die Vermieterin wohn in den USA *lol*. Das ist auch der Grund dafür, dass wir ausschließlich über Emails kommunizieren. Nachdem ich mich dann mit Nachdruck bei meiner Universität beschwert hatte und ankündigte, mir eine neue Wohnung zu suchen, wurde es auf einen Schlag besser: Wir bekamen unsere Quittungen und ich durfte das Zimmer wechseln. Letztlich hatte die Universität ins Auge gefasst, den kompletten Vertrag mit ihr zu kündigen. Wahrscheinlich war dies ausschlaggebend für ihr Entgegenkommen letztendlich. Und das hier ist nun mein neues Zimmer:



Unserer Wohnung befindet sich nicht gerade in dem besten Viertel Athens, vielmehr in einem der Drogenumschlagpunkte Nummer 1. Was ich hier bisher erlebt habe, habe ich echt noch nie gesehen. Eines Nachts kam ich von einer Party nach Hause und da keine Metro mehr fuhr, musste ich vom Syntagma-Platz nach Hause laufen. Dabei passierte ich den Omonia-Platz, der direkt an Victoria, den Stadtteil, in dem ich lebe, anknüpft. Ich traute meinen Augen kaum: Da lagen die Drogenabhängigen übereinander mitten auf dem Platz, als wären es Leichenberge und ein paar Spritzen lagen um sie herum. Echt abscheulich! Und auch direkt neben dem Architektencampus hier, einige Meter von der Wohnung entfernt, wo ich auch meinen Griechisch-Kurs habe, befindet sich die mit Abstand miserabelste Fußgängerzone, in der es nur so von Drogenabhängigen, die sich gerade den Schuss setzen, wimmelt. Und das selbst am helllichten Tage! Zumal stinkt es beim Vorbeigehen dort immer fürchterlich nach Urin. Aber insgesamt fühle ich mich hier in Victoria keineswegs so unsicher, wie mir die meisten Griechen zu verstehen geben wollen.

Zumindest haben wir, wie ihr hier seht, und das ist nur ein Teil davon, einen riesigen Balkon. Leider können wir selbigen natürlich im Winter nicht großartig nutzen, aber selbst heute habe ich bei strahlendem Sonnenschein und 16 °C einige Zeit auf dem Balkon verbracht.

Dies ist unser Wohnzimmer, welches uns ferner Platz für etwaige Gäste bietet. Nur leider ist der Heizkörper ziemlich klein, dass es mitunter recht kalt in diesem Raum ist.

Und hier seht ihr unsere Küche, zumindest mit dem nötigsten ausgestattet, sodass wir gut über die Runden kommen. Mit der Sauberkeit klappt es auch recht gut: Besonders Veronika achtet stets darauf, dass es ordentlich ist.

So nun habt ihr einige Einblicke in mein vorübergehendes Zuhause hier in Athen bekommen. Ich halte euch weiterhin auf dem Laufenden!

Sonntag, 20. November 2011

Polytechnion contra Militärdiktatur

Am letzten Donnerstag habe ich an meiner ersten Demonstration hier in Athen teilgenommen. Aber ihr braucht keine Angst um meine Anschauung haben: Es war keine Demonstration gegen die Sparmaßnahmen, die Troika, die griechische Regierung oder sondergleichen – Nein, es war vielmehr ein historischer Anlass, der maßgeblich in Verbindung mit dem Polytechnion steht, der Hochschule, an der ich hier studiere.


Am 14. November 1973 begannen Studenten des Polytechnions, sich gegen die Militätdiktatur aufzubegehren. Sie verbarrikadierten sich auf dem Campus und brachten einen Radiosender zum Laufen, der offiziell zum Kampf gegen die Militärjunta aufrief. Die Studenten blieben nicht lange allein – Tausende schlossen sich ihnen an. Die Regierung versuchte mit aller Macht, diesen Aufstand niederzuschlagen, sodass sie in den frühen Morgenstunden des 17. Novembers das Ausschalten der städtischen Beleuchtung veranlasste. Nachdem das Gelände dadurch weitgehend im Dunkeln lag, ließ die Diktatur mit einen Panzer das Eingangstor niederwalzen, an dem sich unzählige Menschen festhielten. Die Soldaten stürmten daraufhin die Hochschule. Wie viele Menschen bei dieser Aktion tatsächlich ums Leben kamen, ist nie gänzlich geklärt worden. Im Sommer des darauffolgenden Jahres wurde die Militärregierung dann letztendlich gestürzt.

Alljährlich wird am 17. November dieses Ereignisses gedacht und es endet mit einem Demonstrationsmarsch vom Syntagma-Platz bis zur amerikanischen Botschaft. Die Rolle der Amerikaner ist dabei besonders frappant: Sie haben in den 70ern die Militärdiktatur unterstützt.

Zum Glück war die Polytechnion im allerersten Block der Demo und die Anarchisten im letzten. Das verschaffte uns einige Sicherheit. Eingeladen zu diesem Ereignis hatte mich Christina. Da sie jedes Jahr daran teilnimmt, fühlte ich mich in ihrer und der Gegenwart ihrer Freunde äußerst sicher und in unserem Block blieb es auch die ganze Zeit ruhig. Als wir am Evangelismos-Platz waren, bekam Christinas Freund einen Anruf und dabei erfuhren wir, dass zu diesem Zeitpunkt gerade Ausschreitungen am Syntagma-Platz begannen mit dem Ergebnis von 40 Festnahmen schlussendlich. 

Abschließend muss ich noch erwähnen, dass ich noch nie so eine stark bewachte amerikanische Botschaft gesehen habe: Sie war komplett von riesigen Polizeibussen, Stoßstange an Stoßstange, umgeben und vor den Bussen standen 4 oder 5 dichte Reihen von Soldaten und Polizisten. Wahnsinn! Es wurde aber auch mit bedeutend mehr Ausschreitungen gerechnet. Diese blieben zum Glück aus.

Montag, 14. November 2011

Sounion & Lavrio

Dieses Wochenende ging es laut Plan von Samstagmittag bis Sonntag früh 5 Uhr auf einen Trip mit anschließender Party. Dass wir dann am Ende doch 2,5 Stunden früher wieder in Athen waren – dazu später mehr.


Als erstes Ziel stand das 70 Kilometer südöstlich von Athen gelegene Sounion auf dem Plan. Dieses Kap ist nicht nur aufgrund seiner atemberaubenden Sonnenuntergänge für Athenreisende fast obligatorisch, sondern ist ferner im Hinblick auf seinen herrlich über steilem Felsabsturz gelegenen Poseidon-Tempel berühmt.

Gedacht war die Reise als Trip in den Sonnenuntergang, sodass wir im Beisammensein das Farbenspiel direkt vom Tempel aus bestaunen können. Leider war das Wetter so bescheiden, dass wir auf dem Berg eher damit beschäftigt waren, die stürmischen Böen zu überstehen und uns auf den Beinen zu halten. Es war wirklich wahnsinnig stürmisch und kalt. Kurze Zeit später fing es auch noch zu regnen an. Das einzige, was wir mehr oder weniger vom Sonnenuntergang mitbekamen, war folgendes Bild. Auch schön, aber nicht wie erwartet.


Doch zumindest konnte die beeindruckende Tempelanlage die Misere etwas entschädigen. Schon der Dichter Homer hat vom Südostkap Attikas als „Sounions heiliger Spitze“ gesprochen. Nicht verwunderlich, dass man an dieser Stelle, am Eingang zum Saronischen Golf, ein dem Poseidon geweihtes Heiligtum errichtete, von dessen Wohlwollen ja schließlich die Seefahrt abhing. Vor allem brachten Seeleute oder ganze Stadtstaaten Tieropfer oder Weihegaben, um Poseidon günstig zu stimmen oder ihm für eine glückliche Überfahrt zu danken. Von 431 v. Chr. an, im Peloponnesischen Krieg, wurde das Kap mit Mauern befestigt und mit einem Hafen ausgestattet. Um 500 v. Chr. erstellte man einen Tempel, der unvollendet war, als er 20 Jahre später von den Persern zerstört wurde. Auf seinem Unterbau wurde 449 v. Chr. ein klassischer Marmortempel erbaut.

Nach diesem Zwischenstopp ging es weiter nach Lavrio  an den Hafen. Dort sollte eine Party in einem Club steigen. Zunächst stellte sich heraus, dass dieser Club lediglich eine Bar war und der versprochene Shot schmeckte nach Orangensaft *lol*. Wir entschieden uns diese Location wieder zu verlassen und auf eigene Faust etwas rumzustöbern. Aber in der Tat lag dort Samstagabend förmlich der Hund begraben. Als wir nach einiger Zeit zurück in die Bar wollten, waren die anderen schon nicht mehr da, denn es gefiel allen nicht besonders, sodass kurzerhand der Club gewechselt wurde. Jetzt waren wir zumindest in einer richtigen Diskothek, nur war das Problem, dass sie so gut wie nur für uns geöffnet wurde und mit 65 Leuten eine geile Party zu erleben – hmm, naja, da war ich schon zuvor skeptisch. Und so kam es dann auch. Nach einer weiteren Stunde tanzten nur noch wenige und irgendwie wollten alle wieder nach Hause. Da dann auch noch der Busfahrer Druck machte, waren wir um 2:30 Uhr schon wieder in Athen und jeder hatte die Möglichkeit noch eine bessere Party zu besuchen.

Donnerstag, 10. November 2011

Studieren gehört natürlich auch dazu!

Endlich gewähre ich euch Einblicke in die NTUA, meine Universität, die ausgeschrieben den Titel National Technical University of Athens trägt. Natürlich kann ich nicht nur Urlaub machen und tolle Geschichten erleben, sondern muss auch einige Veranstaltungen besuchen. Generell gilt die NTUA in Griechenland, die Ingenieurswissenschaften betreffend, als die renommierteste Hochschule. Ferner ist sie die älteste Technische Universität Athens. Im Griechischen heißt sie:  Εθνικό Μετσόβιο Πολυτεχνείο. Das für mich recht eindrucksvolle Universitätslogo sieht so aus:


1836 gegründet bildet sie heute 10 000 Studenten aus und verfügt über 9 Fakultäten und ca. 1 400 wissenschaftliche Angestellte. Der größte Teil der Fakultäten und Einrichtungen befindet sich auf einem Campus im Vorort Zografou (Ζωγράφοu) am östlichen Stadtrand von Athen. 

Der historische Altbau in der Innenstadt, den ihr auf diesem Foto seht, wird durch die Fakultät für Architektur genutzt. Zumal befindet sich dieser Teil des Campus nur 15 Gehminuten von unserer Wohnung weg, sodass ich dort auch gut Abendessen kann und das gänzlich kostenlos, von Montag bis Freitag. Auf diesem Areal habe ich auch zwei- bis dreimal die Woche meinen Griechisch-Kurs.
Aber nun etwas ausführlicher zu meinem derzeitigen universitären Zentrum, dem Campus in Zografou: Wenn ich die komplette Strecke mit dem Bus fahre und es herrscht ziemlich dichter Verkehr, kann die Fahrt auch mal locker eine Stunde oder länger dauern. Da die Busse hier total überladen sind, macht das nicht immer viel Spaß. Ich vermeide es lieber, lange Zeit gequetscht wie in einer Ölsardinenbüchse zuzubringen. Die Universitätsgelände hier in Griechenland sind generell recht groß, sodass auch Buslinien direkt im Campus fahren.

Dieses Gebäude mit der griechischen Flagge ist die zentrale Anlaufstelle für alle meine Probleme. Dort befindet sich das Erasmusbüro für alle ausländischen Studenten. Glücklicherweise kümmern sie sich alle sehr liebevoll um uns, ich kann mich hier gar nicht allein gelassen fühlen *gg*. Etwas unpraktisch sind die vielen Ausweise, die ich nun in meinem Portemonnaie ständig mit mir rumführen muss, jeder einzelne mit Foto: Eine Mensakarte, ein Studentenausweis provisorisch auf A4-Papier (ich warte immer noch auf meinen elektronischen Ausweis; das System haben sie hier erst dieses Semester eingeführt), einen Bibliotheksausweis, einen Ausweis, um die öffentlichen Verkehrsmittel vergünstigt nutzen zu können und wenn ich Sportkurse besuchen will, bekomme ich noch zusätzliche Ausweise. Nun ja, wenn die Entwicklung an der Freiberger Uni weiterhin so reaktionär voranschreitet, haben wir dort bald das gleiche Problem *lol*.

Besonders interessant ist das Mittagessen in der Mensa. Anfangs war es noch unproblematisch, weil wir teilweise nur zu fünft im Speisesaal saßen, aber mittlerweile haben fast alle Fakultäten den regulären Betrieb aufgenommen, sodass es 14 Uhr (ja selbst das ist für griechisches Mittag sehr zeitig) brechend voll werden kann, allerdings nicht so voll wie in Freiberg, da hier nicht allzu viel Studenten regelmäßig in die Mensa gehen. Das Problem ist dabei nicht, zu lange auf sein Essen warten zu müssen oder keinen Platz mehr zu finden. Nein, einen Platz findet man schnell, nur keinen Stuhl. Es sind vielleicht dreimal so viele Plätze vorhanden wie Stühle, sodass die Studenten vielfach ihr Essen holen, einen Platz suchen und dann stehend mit Argusaugen verharren, bis sie einen Studenten gesichtet haben, der im Begriff ist, aufzustehen, um umgehend seinen Stuhl zu nehmen. Das ist schon äußerst skurril, sich dieses Schauspiel anzusehen und dann selbst auf Stühlejagd zu gehen. Das Essen ist nicht besonders abwechslungsreich, aber wenigstens gibt es stets drei Gänge.

Dieses Gebäude hier ist die Bibliothek der NTUA, einige wenige deutsche Bücher gibt es hier, etwas mehr englische, aber das meiste verständlicherweise auf Griechisch. Leider stehen hier Unmengen unbenutzter PCs herum, die einfach nicht funktionieren und die Bücher sind ferner nach Autoren und nicht thematisch geordnet, sodass sich das Auffinden artverwandter Literatur als äußerst schwierig gestaltet, denn längst nicht alle Bücher sind im Webkatalog integriert. Außerdem, besonders erstaunlich und unverständlich für mich, Bücher kann ich hier nur eine Woche ausleihen und das hat folgende Bewandtnis: Die Studenten erhalten ihre eigenen Exemplare der Lehrbücher für die jeweilige Veranstaltung kostenlos, dürfen diese Bücher allerdings auch behalten. Für mich schleierhaft, wie das der Stadt finanziert. So benötigen die Studenten nur ab und zu andere Bücher, um sich erweitertes Wissen anzueignen oder lediglich etwas nachzuschlagen, was die Leihfristen der Bücher auf eine Woche beschränkt. Wahrscheinlich spielt auch der Aspekt eine Rolle, dass sie hier generell nicht so viele Exemplare haben.

Hier seht ihr mal das große Studentenwohnheim auf meinem Campus. Beim ersten Anblick dachte ich, ich hätte mich verguckt. Es erweckte eher den Anschein, eine Auffangstation für sozial deklassierte Familien zu sein, aber kein Studentenwohnheim. Als ich das sah, war ich recht froh, dort keinen Platz bekommen zu haben und in einer WG zu wohnen. Aber abgesehen von diesem Wohnheim gibt es auch noch modernere.


Dies ist ein Einblick in ein Übungszimmer. Sehr kalt und heruntergekommen, aber es gibt auch bessere, mit Sicherheit. Auf dem anderen Bild seht ihr einen meiner tschechischen Mitbewohner (Radek) und meinen griechischen Buddy, Christina. Das Buddy-System ist ein System, welches für Erasmusstudenten eine Erleichterung mit sich bringen soll. Jeder ausländische Student hat die Möglichkeit, einen griechischen NTUA-Studenten an die Hand zu bekommen, der ihm bei allen Formalitäten und anderen universitären Problemen unter die Arme greift. So etwas wie ein privater Mentor eben. Sehr zu empfehlen und äußerst praktisch, vor allem da fast alle Webseiten, auf denen man sich registrieren muss, auf Griechisch sind.


Eine weitere Besonderheit an griechischen Universitäten und aufgrund historischer Ereignisse vor allem an der NTUA ist die Tatsache, dass die Universität sehr eng an politische Belange geknüpft ist, sodass selbst jede Fakultät ihre eigenen politischen Parteien hat und für mich teilweise der Eindruck entsteht, als würden sich viele Studenten mehr mit Politik in ihrem Land als mit ihrem eigentlichen Studienfach beschäftigen. Dieser Aspekt deutete sich bereits in der dritten Woche an, als wir einer politischen Abstimmung in der Fakultät des Chemieingenieurwesens beiwohnten. Dort wurde darüber abgestimmt, ob die Fakultät an dem großen Streik auf dem Syntagmaplatz teilnimmt. Diese Woche sprach ein renommierter Wirtschaftsfachmann, der dem linken Flügel angehört, über die aktuelle europäische, insbesondere griechische Situation. Zum Glück hatte ich Christina und ihren Freund dabei, die mir die Hauptthesen ins Englische übersetzen konnten. Er war davon überzeugt, dass die Rückkehr zur Drachme keine adäquate Lösung ist. Einerseits würde es sich dann zwar um eine schwache Währung handeln und Griechenland könnte preiswert exportieren, nur der essentielle Gesichtspunkt ist: Griechenland hat keine großartigen Produkte zum Exportieren, sodass sich dies nie rentieren würde. Weiterhin schlug er vor, die Tourismusbranche von Steuern zu entlasten, dass mehr Touristen nach Griechenland kommen, um mehr Geld in die Kassen zu spielen. Dies halte ich jedoch nicht für realisierbar, denn ich habe das Gefühl, dass aufgrund der gesamten politischen Situation ebenso der Tourismus in Griechenland einbricht. Ich kenne viele, die in diesen kritischen Zeiten bewusst nicht nach Athen reisen. Eine Vergünstigung der Reisekosten betrachten die meisten nicht als Tribut für ihr Wohlergehen im Wohnungsland.

Nun noch kurz zu meinen universitären Veranstaltungen: Ein Modul, das ich belege, heißt Steel Bridges. Dabei bin ich in ein Projekt mit 5 anderen griechischen Studenten involviert, wobei wir die Aufgabe haben, eine Stahlbrücke zu entwerfen und zu berechnen – und das Ganze mit deutscher Software. Yeah!!! Da komm ich zum Zuge mit der Übersetzung! Dieses Projekt macht 70 % der Note aus, die restlichen 30 % werde ich mit einer mündlichen Prüfung auf Deutsch abschließen. Ja, ihr habt richtig gehört, auf Deutsch. Der Professor spricht sehr gut Deutsch, sodass dies möglich ist und er mir dies anbot. Ein weiteres Fach ist Topics on Architecture, worin wir ein Familienhaus designen müssen. Das wird, denke ich, recht spannend. Zumal der Professor nicht mal Englisch spricht *lol*. Nur Griechisch! Daneben belege ich noch Tunneling Engineering, Town and Regional Planning und Hydraulic Structures – Dams. Mal schauen, wie diese Module so werden. Bis jetzt haben einige dieser Veranstaltungen noch nicht mal begonnen. So, das ist der erste Einblick für euch in meinen úniversitären Alltag gewesen. Ich werde euch auf dem Laufenden halten!!HyHHHhhhsssfd

Donnerstag, 3. November 2011

Das Orakel von Delphi


An diesem Sonntag, der viele dunkle Wolken über Athen brachte, nutzten wir die Gelegenheit für einen Trip in das nördlich von Athen gelegene Bergland, um die mythische Stätte Delphi zu besuchen. Und siehe da – wir hatten Glück mit dem Wetter. 100 Kilometer von Athen entfernt lockerte sich die Wolkenfront, sodass wir den restlichen Tag auf unsere Sonnenbrillen nicht verzichten wollten. Organisiert wurde diese Fahrt von ESN (European Student Network), die ab und an solche Ausflüge anbieten und für 10 € war das ein unschlagbarer Deal. Leider dauerte die Hinfahrt alleine drei Stunden, aber mit 7 Bussen und über 350 Studenten wird es nie langweilig!
Die Aussicht mit dem bergigen Panorama war traumhaft. Hinzu haben wir einen ziemlich großen Stau verursacht in einer kleinen Stadt, die den Anschein erweckte, als wäre sie in den Fels hineingeschlagen worden. Mit 7 Bussen durch solche enge Gassen zu navigieren – Respekt an die Busfahrer!
Delphi repräsentiert eine der bedeutungsvollsten Kultstätten Griechenlands, gelegen am Abhang des Parnass hoch über dem Golf von Korinth. Vielleicht zunächst ein paar Worte zur mythologischen Herkunft: Apollon war ein Sohn des Göttervaters Zeus und der Leto. Hera, die überaus eifersüchtige Gemahlin des Zeus und höchste der Göttinnen, gab dem Angst einflößenden Drachen Python, der das Orakel der Erdmutter Gaia in Delphi bewachte, den Auftrag, Leto sowie ihre Nachkommenschaft umzubringen. Als Apollon von dieser Verschwörung erfuhr, tötete er umgehend den Drachen und wurde demnach zum Herrn des Orakels. Seither wird Apollon, der Gott des Sonnenlichts, der Dichtkunst und der Musik, in dem neben Olympía wichtigsten griechischen Heiligtum als Gott der Weisheit verehrt. Apollon sprach zu den Rat suchenden Gläubigen, die häufig Könige und andere gut situierte Persönlichkeiten waren, durch die Pythia, eine Priesterin. Sie saß im Tempel über einer kleinen Erdspalte, aus der narkotisierende Dämpfe aufstiegen und die Priesterin in Trance versetzten. Das Trügerische an ihren Weissagungen war die Ambivalenz und die Undurchsichtigkeit, sodass keine Eindeutigkeit gegeben war.
Zunächst habe ich mich für einen kurzen Abstecher in das Museum entschieden, um anschließend die Sonne umso länger genießen zu können. Das wohl berühmteste Ausstellungsstück des Museums ist die spätarchaische lebensgroße Bronzestatue eines Wagenlenkers. Erhalten sind ferner ihre originalen Augen aus Emaille und farbigen Steinen. In einigen Vitrinen wurden dazu Reste des dazugehörigen Viergespanns gezeigt.

Die Heilige Straße führte dann direkt durch das Apollon-Heiligtum. Der erste Abschnitt dieser Straße wurde von zahlreichen Weihgeschenken gesäumt. Von den Skulpturen, Statuen und Denkmälern sind allerdings nur noch die Basen erhalten. Danach passiert man mehr als 20 Schatzhäuser, in denen einst die Weihgaben vor der Witterung, aber auch vor Diebstahl geschützt aufbewahrt wurden, darunter das um 510 v. Chr. in Form eines Tempels errichtete Schatzhaus der Athener, welches von 1903 bis 1906 rekonstruiert wurde.
Der Tempelvorplatz des Apollon-Tempels wird von dem von der Insel Chíos gestifteten und teilweise wieder aufgebauten Altar und von sechs rekonstruierten Säulen dominiert. In der Vorhalle des Tempels waren Sprüche der Sieben Weisen angebracht, darunter der berühmte apollinische Imperativ: „Erkenne dich!“ Am Berghang oberhalb des Tempels stand die Bronzestatue des Wagenlenkers, die bei einem Erdbeben 373 v. Chr. Von herabstürzenden Erdmassen bedeckt wurde.
Über Treppen ging es weiter hinauf zum 5000 Sitzplätze fassenden Theater, bei dem Umbauten bis in die römische Zeit vorgenommen wurden. Schon fast außer Puste führte der bergige Weg weiter nach oben bis zum Stadion, in dem bis zu 6500 Menschen Platz fanden. Vieles ist nur noch fragmentarisch erhalten, aber die Sitzstufen der Nordseite mit den Ehrensitzen, die halbrunde Sfendone im Westen und Teile des Eingangs im Osten haben die Zeiten überdauert. Vor allem das Stadion erinnert an die in Delphi seit 590 v. Chr. stattfindenden Pythischen Spiele. Dabei handelte es sich um musikalische und athletische Wettkämpfe, zu denen auch die im Hippodrom unten im Tal ausgetragenen Wagenrennen gehörten.
Nach diesem Ausflug ging es für einen zweistündigen Abstecher zurück in die Stadt, in der wir mit dem verursachten Stau auf uns aufmerksam machten. Dieses beschauliche, verzaubernde Städtchen mit Namen Arachova ist nicht nur aufgrund seiner Nähe zu Delphi touristisch geprägt. In den letzten Jahrzehnten hat es sich zudem infolge des Aufbaus von Wintersportanlagen am Berg Parnassos zu einem der modernsten und größten Ski-Orte Griechenlands entwickelt. Unter den Griechen zählt dieser Ort als der beste, um Souvlaki zu essen. Dies ließen wir uns nicht zweimal sagen und begaben uns umgehend auf die Suche nach einem Restaurant. Leider waren die meisten zum Bersten gefüllt – Ja, mit 350 Studenten kann man einen ganzen Ort überfordern. Nach 40 Minuten hatten wir dann endlich ein nicht allzu volles Lokal gefunden und wir wurden nicht enttäuscht, auch wenn es diesmal kein Hühnchen, sondern nur Schweinefleisch war. Gestärkt und hoch motiviert ging es dann die Treppen hinauf zur höchst gelegenen Kirche des Ortes. Der Blick schweifte über die roten Dächer der Stadt hin in die Ferne zu der imposanten Bergkulisse. Es war wirklich traumhaft!!
Auch in der Literatur findet dieser Ort Erwähnung: „Αν αγναντέψεις και την δεις θα σε μαγέψει ξένε, και άμα ρωτήσεις θα σου πουν Αράχωβα τη λένε!“ – „Falls Du Dein Blick mal dorthin werfen solltest und sie siehst, wird sie Dich verzaubern Fremder - und solltest Du fragen welche Stadt das ist, man wird ‚Arachova‘ antworten!“ (Georgios Siros)
Letztlich ging es im Anschluss wieder drei Stunden zurück nach Athen. Der geplante Haltepunkt war eigentlich der Syntagma-Platz. Aufgrund einer erneuten Großdemonstration musste uns der Bus jedoch woanders raus lassen. Es war so schön, einen Tag von allen Streiks und Einschränkungen im öffentlichen Leben verschont zu sein. Und schon hatte der Athener Alltag wieder Einzug in mein Leben genommen! Leider!